Von Misteln befallene Obstbäume auf einer verwahrlosten Streuobstwiese

Die Mistelproblematik

Die Mistel – Eine Gefahr für unsere Obstbäume

Stark von Misteln befallene Linden auf einem Kirchhof

Mittlerweile sind sie in den Streuobstwiesen nicht mehr zu übersehen: Grüne kugelige Gebilde in den Kronen der Obstbäume.
Bei diesen strauchartigen Gewächsen handelt es sich um Misteln, die sich in den letzten Jahr(zehnt)en teils explosionsartig in der Landschaft verbreitet haben.

Waren sie vor einigen Jahren noch vereinzelt in den Baumkronen ungepflegter und vernachlässigter alter Apfelbäumen zu sehen, so findet man sie heute auf zahlreichen Laubbaumarten bis in die Städte und leider auch auf in den letzten Jahren nachgepflanzten jungen Obstbäumen.

Inzwischen ist die Mistel zu einer ernst zu nehmenden Gefahr für unsere Obstbäume und damit den Lebensraum Streuobstwiese geworden.

Lebensweise

Schnitt durch Mistel und Wirtsast
Schnitt durch Mistel und Wirtsast – Julius Sachs: Vorlesungen über Pflanzenphysiologie, 2. Aufl., Leipzig 1887
Fruchtende Mistel

Bei der Mistel (Viscum album) handelt es sich um einen sog. Halbschmarotzer, der mit seinen grünen Blättern selber Photosynthese betreibt, aber Wasser und Nährsalze seinem Wirtsbaum entzieht.

Die Mistel kommt bei uns in drei Unterarten vor, von denen die Laubholzmistel neben Obstbäumen – vorzugsweise Apfelbäumen – auch andere Weichholzbaumarten wie Pappel, Linde und Weide besiedelt.

Die Mistel ist zweihäusig, d.h. eine Pflanze bildet entweder nur männliche oder nur weibliche Blüten. Die Misteln blühen von Februar bis April.
Aus den befruchteten Blüten entstehen im Herbst weiße Beeren, deren Kern von einer zähen Schleimhülle umgeben ist. Die Beeren werden gerne von Vögeln gefressen.

Die Mistel wird von Vögeln verbreitet, wenn sie die am Schnabel klebende Schleimhülle mitsamt dem Kern an einem Ast abstreifen oder den unverdauten Kern mit dem Kot in der Baumkrone ausscheiden.
Von bestehenden Misteln, die sich zunächst in der Oberkrone des Baumes befinden, kann sich die Mistel auch dadurch in der Baumkrone ausbreiten, dass herabfallende Beeren mit ihrer klebrigen Hülle auf tiefer liegenden Ästen kleben bleiben.

Der solcherart auf einen Ast gelangte Samen beginnt dann zu keimen und bildet eine Haftscheibe aus, mit der er auf dem Ast haftet. Anschließend treibt der Keimling einen Senker in die Leitungsbahnen des Astes, in denen er sich in der Folgezeit in deren Längsrichtung ausbreitet.
Die neue Mistelpflanze wächst zunächst langsam und ist in der Baumkrone lange Zeit leicht zu übersehen.
Sie fruchtet ab dem vierten Jahr, bildet mit zunehmender Verzweigung eine kugelige Form aus und kann nach mehreren Jahren einen Durchmesser bis zu einem Meter erreichen.

Schutz

Die Mistel ist eine häufige Pflanze und steht entgegen häufiger Vermutungen nicht unter Naturschutz. Sie darf ohne Genehmigung ganzjährig aus befallenen Obstbäumen entfernt werden. Lediglich für ihre gewerbliche Entnahme aus der Natur und ihren Vertrieb ist eine Genehmigung erforderlich.

Ursachen der starken Verbreitung

Mistelkeimling auf einem jungen Trieb

Früher wurde die Mistel in den Streuobstbeständen bei der regelmäßigen Obstbaumpflege stets entfernt, so dass sie nicht in größerem Umfang zur Fruchtbildung kommen und verbreitet werden konnte.

Seit den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts genießen Streuobstwiesen immer weniger Wertschätzung. Sie wurden zugunsten des Plantagenanbaus gerodet, waren zur Sicherstellung der Ernährung der Bevölkerung nicht mehr erforderlich und die Obstpreise waren auf ein Niveau gesunken, das eine Pflege hochstämmiger Obstbäume zur Obstproduktion unrentabel machte. In der Folge wurde die Pflege der verbliebenen Streuobstbestände häufig vernachlässigt.

Durch den ausbleibenden Schnitt und die nicht mehr erfolgende Beseitigung der Mistel aus den Obstbäumen konnte sie sich in den letzten Jahren nahezu explosionsartig vermehren und lässt in manchen Regionen Obstbäume in den Streuobstwiesen durch den starken Befall immergrün erscheinen.

Problem

Alter Apfelbaum mit starkem Mistelbefall

Für den befallenen Baum ist die Mistel dadurch problematisch, dass sie ihm Wasser und Nährsalze entzieht.

Von der Mistel befallene Äste können anfangs noch durch den verstärkten Wasser- und Nährstofftransport vorübergehend vitaler werden. Mit zunehmender Größe der Mistel beeinträchtigt sie durch ihren Wasser- und Nährstoffentzug jedoch die Vitalität des ganzen Baumes.

Die ersten Anzeichen zeigen sich meist an den außerhalb der Ansatzstelle der Mistel befindlichen Triebteilen, welche abzusterben beginnen. Später lässt die Vitalität des ganzen Baumes nach und ganze Äste und Kronenteile sterben ab. Oft ist das letzte Vitale am Obstbaum noch die Mistel.

Zusätzlich kann die Mistel durch ihre Windangriffsfläche und ihr Gewicht zu einem statischen Problem für die oft schon vorgeschädigten älteren Streuobstbäume werden und das Ausbrechen von Kronenteilen begünstigen.

Bekämpfung

Mistelbeseitigung an einem stark befallenen alten Apfelbaum

Bekämpfen lässt sich die Mistel durch konsequentes Entfernen des Mistelbefalls aus den Obstbäumen.

Hierbei ist es wichtig, die Bäume regelmäßig zu kontrollieren und die Mistel bereits im leicht zu übersehenden Keimlingsstadium zu beseitigen.

In den ersten zwei bis drei Jahren lässt sie sich noch komplett aus dem Rindengewebe des Astes entfernen. Danach hat sie ihre Versorgungsstränge in den Leitungsbahnen des Wirtsbaumes ausgebreitet. Diese reichen mit zunehmendem Alter bis zu einem halben Meter weit.

Daher ist es bei älteren Misteln sinnvoll, befallene dünnere Äste und sehr stark befallene dickere Äste durch einen Ableitungsschnitt auf einen in ausreichender Entfernung weiter innen stehenden Seitentrieb komplett zu entfernen. Hierbei ist es notwendig, an der Schnittstelle zu kontrollieren, dass keine Versorgungsstränge der Mistel mehr vorhanden sind und ggf. noch weiter zurück zu schneiden.

Ist die Entfernung eines befallenen Astes aufgrund seiner Stärke nicht möglich, so ist die Mistel an der Ansatzstelle auszubrechen oder abzusägen. Damit wird die Mistel zwar nicht beseitigt, sondern sie wird aus den im Ast verbliebenen Versorgungssträngen wieder zahlreiche Neuaustriebe bilden.
Entfernt man diese Neuaustriebe allerdings in der Folgezeit konsequent, so kann man eine Fruchtbildung und eine weitere Verbreitung der Mistel verhindern.

Weitere Maßnahmen

Pflanzung junger Obstbäume auf einer Streuobstwiese

Zur Erhaltung unserer ökologisch wertvollen Streuobstbestände mit ihrer großen Vielfalt an Obstarten und -sorten ist es mit der Bekämpfung der Mistel allein nicht getan, da diese nur ein Symptom der langjährig vernachlässigten Pflege der Obstbäume ist.
Notwendig ist ein regelmäßiger Schnitt der Obstbäume, um diese vital zu erhalten und die Fruchtqualität zu fördern. Ein eventueller Mistelbefall lässt sich dabei mit beseitigen und unter Kontrolle halten.

Bei sehr stark befallenen Bäumen kann es sinnvoll sein, den Verlust des Baumes durch den starken Rückschnitt zur Mistelbeseitigung in Kauf zu nehmen, um eine weitere Ausbreitung – auch auf Jungbäume – zu verhindern.

Wichtig für den Erhalt unserer Streuobstwiesen ist es, neben der konsequenten Mistelbekämpfung und einer angemessenen Obstbaumpflege, rechtzeitig Nachpflanzungen von Jungbäumen im Bestand vorzunehmen und diese fachgerecht zu pflegen.


Download

Unseren Flyer zur Mistelproblematik können Sie hier herunterladen, ausdrucken und gerne an Interessierte weitergeben:

– Faltblatt „Die Mistel – Eine Gefahr für unsere Obstbäume“ 1,9 MB